Vertrauen gegen Gewalt

erinnerungs-

Momente

Aus Mitgefühl mit ihr, tut mir mein Herz weh, ich weine tausend Bäche und Flüsse. Ich habe sie so lieb, sie tut mir so leid, was kann ich tun? Wie kann ich ihr helfen?

Manchmal fühlte ich mich fast am Ertrinken, am Sterben. Doch ich starb nie. Nur ein Teil ihres Spiels starb mit meinem Erkennen.

Ich glaube, ich bin damit keine Ausnahme. Ein Kind kann Mitgefühl unglaublich tief und ehrlich empfinden. Mir tat meine Mama leid, wenn sie ihre immer wiederkehrenden Geschichten „aufrollte“ und ich geduldig zuhörte und spürte wie wütend und verzweifelt sie war. Gleichzeitig verunsicherte mich das. Zudem langweilten mich ihre Geschichten. Später nervten sie mich. Sie versuchte meine „Wahrheit“ zu prägen. Ich glaubte ihr wenig und doch noch zu viel.

Wenn ich so zurückblicke, gab es viele unterschiedliche Momente mit meiner Mutter. Es gab kurze wertvolle Momente einer Vertrautheit, der ich immer weniger traute, dann Phasen des absoluten Kontaktbruches, Momente des Übergriffes, der Lüge und des Verrates. Es gab keine Zärtlichkeiten oder liebevolle Zuwendung. Dafür gab es Ansprüche und Forderungen.

Jeder einzelne Moment im Kontakt mit ihr, lehrte mich zu begreifen, wie vielschichtig Psyche sein kann. Aber wohin, als Kind, mit seinen Gefühlen die entstehen? Und ein Begreifen und Einordnen ist diesem Alter nicht möglich.

Ich erinnere mich, dass ich als Kind spürte, das sich etwas im Feld „schräg“ oder “komisch” anfühlte. Das sich Reaktionen und Handlungen meiner Mutter unstimmig anfühlten.

Als Kind kann man dieses Gefühl nicht benennen, nur irgendwie spüren und man ist diesem Menschen ausgeliefert. Schutzlos und hilflos.

Die Psychose, die das Leben meiner Mutter einnahm, lies einen dunklen Schatten auf mich, auf meine Kindheit und mein Leben fallen. Dieser Schatten zwang mich, als Kind Licht, Struktur und Orientierung in mir zu suchen und zu finden. Im Außen war sie nur in funktionierenden Abläufen und Regeln zu finden. Kein Lob, keine Zärtlichkeit, keine Zuwendung, dafür verbale und körperliche Gewalt.

Trotzdem lernte ich ziemlich schnell, in unbedarfter naiver Weise, meinen Glauben zu verankern und Entscheidungen alleine zu treffen. Ich hielt mich zwar an den Regeln fest, die mir stimmig erschienen, ansonsten brach ich ihre Regeln, was schmerzhafte Konsequenzen hatte.

Ich habe in meinem Leben lange gesucht, um wirkliche Orientierung zu finden, um auszusteigen, aus der familiär gültigen Lebenslüge, um zu verstehen, zu verzeihen, wo es nichts zu verzeihen gibt. Ich war jahrelang eine „Gratwanderin“. Jedoch der Hauptgründe meiner Suche waren: Ich wollte nicht das gleiche Leben wie meine Mutter führen und mich selber finden.

evam.so

https://blog.lebensbruecke.de/start/entwicklung-kinder-psychisch-kranker-eltern

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