Geschäft und Sauferei

Sinusknoten

Kindheit im Schatten eines psychisch kranken Elternteils

Geschäft und Sauferei

Seltsame Wege der Heilungsengel

Direkt neben unserem Haus betrieb eine ältere Frau ein kleines Lebensmittelgeschäft. Ihr gehörte ein kleiner Hund, ein Cockerspaniel, den ich sehr mochte. Öfters bat ich meine Mutter um Geld, damit ich mir in diesem Laden etwas kaufen konnte. Süßigkeiten oder vielleicht sogar eine Breze. Das bewegte meine Mutter, mir, mit meinen 4 Jahren, ein Taschengeld von 50 Pfennig in der Woche zu geben, damit meine Fragerei aufhörte. Das kam mir sehr gelegen, obwohl ich es überhaupt nicht verstand.

Eines Tages überraschte mich meine Mutter mit einem Ausflug, zu einem Ort, ca. 15 km entfernt. Sie fuhr damals ein himmelblaues Auto, einen „Prinz“. Wir fuhren auf ein Haus zu, parkten im Hinterhof und sie schloss eine, mir unbekannte, Tür auf. Ich war sehr neugierig und ich erinnere mich noch an die Spannung- wie im Märchen.

Es eröffnete sich ein alter Lebensmittelladen und meine Mutter sagte voller Stolz, dass sie nun diesen Laden gepachtet hätte. Einen Laden, so wie die Frau mit dem Hund neben unserem Wohnhaus. Das fand ich toll.

Ich fügte mich, mit einer Selbstverständlichkeit in die Entscheidung meiner Mutter. Diese Selbstverständlichkeit, dass ich dabei sein, mir die Zeit irgendwie vertreiben, und meiner Mutter helfen würde, wurde damals nicht in Frage gestellt, für meine Mutter war es selbstverständlich- es waren ihre Wünsche, ihre Bedürfnisse, ihre Anliegen- was ich als Kind gewollt hätte- war unerheblich. Ich denke im Nachhinein, es war überhaupt nicht in ihrem Denken, dass ein Kind in diesem Alter ebenfalls Bedüfnisse hat. Welches Ausmaß ihr Überlebensprinzip hatte, dass erkannte ich erst später.

So startete sie mit ihrem Laden und ich war dabei. Besonders gut gefiel mir auch der kleine Dorfbach, der direkt vor dem Laden vorbeifloss.

Gegenüber dem Laden wohnte eine Familie mit mehreren Kindern, zu denen ich Anschluss fand. Wir Kinder saßen oft auf der kleinen Brücke über dem Bach, mit selbstgebastelten Angeln und altem Brot aus unserem Laden und ich erinnere mich noch an den Schreck und die Schuldgefühle, als tatsächlich ein Fisch anbiss. Ich schrie und war völlig aufgelöst und irgendjemand hat den Fisch wieder ins Wasser geworfen.

An einem dieser Tage beobachtete ich einen Kunden, der sich am Ladentisch aus einem Display ein kleines Fläschchen kaufte und dies noch im Laden austrank. Das hatte mich so begeistert, dass ich es, unbemerkt von meiner Mutter, sofort nachmachte. Ich nahm mir aus dem Display eines dieser kleinen Fläschchen und trank es aus. Mir schmeckte es und ich wurde müde. Das leere Fläschchen stellte ich wieder in das Display. Wie lange ich das machte, weiß ich nicht mehr. Zwei Tage, drei Tage? Dann flog ich auf, als ein Kunde ein leeres Schnapsfläschchen aus dem Display nahm, meine Mutter Eins und Eins zusammenzählte und ich im Lager, neben Kartons und Holzkisten, meinen Rausch ausschlief. Es gab richtig, richtig Ärger. Was mich aber nicht beeindruckte- es schmeckte mir.

Und dann erlebte ich meine Heilungslektion:

Meine Trinkerei endet abrupt in diesem Zeitraum mit einem einzigen Ereignis: als mein Vater ein ähnliches Fläschchen für seine Urinprobe verwendete und ich es mir heimlich von der Waschbeckenablage klaute, ansetzte und während ich trank bemerkte, dass der Inhalt ein anderer war, als ich erwartet hatte. Das war Erkenntnis und Ekel pur. Bis heute hat Alkohol für mich keine Bedeutung mehr.

Das mit dem Laden meiner Mutter erledigte sich nach ein paar Monaten, durch einen schweren Verkehrsunfall meiner Mutter mit ihrem “Prinzen” und mir.

Aber auch da hatte ich einen Schutzengel und meine innere Stimme. Alles ging gut aus.

Heilungsengel setzten unterschiedliche Methoden.

 

 

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